Lexmark warnt Toner-Recycler vor Patentklagen
Lexmark erweist sich erneut als Vorreiter bei der Verteidigung der Rechte der Originalhersteller (OEM´s) in Bezug auf die von einigen Wiederaufbereitungen widerrechtlich genutzten Techniken, die über Patente geschützt sind. Die Streitigkeiten zwischen den OEM und den Recyclern dauern schon einige Zeit an und es ist davon auszugehen, dass sie sich im Jahr 2012 noch weiter verschärfen werden.
Lexmark droht mit Brief Konsequenzen an
Ende Mai 2012 haben die Anwälte von Lexmark an einige Wiederaufbereiter Briefe herausgeschickt. In diesen Briefen wurde betont, dass Lexmark Kenntnis davon hat, dass von den Recyclern leere Tonerkassetten benutzt wurden, die nicht aus den USA, sondern aus dem Ausland stammen. Dafür sollen sie an Lexmark eine Abfindung für die dadurch entgangenen Umsätze und Gewinne zahlen. In den Briefen heißt es, die dort genannten Summen seien „nicht verhandelbar“. Alternativ haben die Toner-Recycler die Möglichkeit, rückwirkend die Lizenzgebühren für die von ihnen verwendeten Techniken zu zahlen. Für den Fall, dass die betroffenen Wiederaufbereiter von keiner der beiden angebotenen Vergleichsmöglichkeiten Gebrauch machen, wurden gerichtliche Schritte angedroht.
Original Lexmark Toner
Auf welche Tonerkartuschen bezieht sich der Lexmark Brief?
Betroffen ist eine ganze Reihe von Patenten, die sich im Besitz von Lexmark befinden. Konkret geht es um folgende Tonerkartuschen und Patronen, die in den s/w Laserdruckern und Multifunktionsgeräten von Lexmark zum Einsatz kommen:
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T520
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T610 bis T650
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E120
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E 220
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E 230 bis E238
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E240 und E250
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E320 bis E223
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E330 und E332
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E340 und E242
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E350 und E352 sowie
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E450
Zu genau diesen Modellen wurde bereits im Jahr 2010 durch Lexmark eine Patentrechtsklage vor dem Gericht South Ohio eingereicht. Der Prozess läuft noch, obwohl es die dazu angeforderte Entscheidung der Internationalen Handelskommission der USA, der ITC bereits gibt.
Wer gehört zu den Betroffenen des Lexmark Briefs?
Der Hauptbetroffene der Forderungen von Lexmark sind Wiederaufbereiter von Lasertoner, die mit Greentec International zusammen arbeiten. Greentec sitzt in Ontario und hatte bereits im Jahr 2006 eine gerichtliche Auseinandersetzung mit Lexmark. Danach war eine Weile Ruhe, bis sich Lexmark im Jahr 2011 erneut zur Anrufung der Gerichte gezwungen sah. Dieses Mal in Form eines Antrags auf Rechtshilfeersuchen an ausländische Gerichte. Dabei ging es Lexmark vor allem um die Beschaffung von Beweisen für das rechtswidrige Handeln von Greentec. Am 22. März 2012 gab das Gericht in Ontario dem Antrag statt. Greentec ist danach gezwungen, ganz konkret offen zu legen, von wem zwischen 2007 und 2011 die leeren Lexmark Toner bezogen worden sind. Außerdem wird Greentec gezwungen, Aussagen dazu zu machen, an welche Wiederaufbereiter die aus dem Ausland bezogenen Leerkartuschen in welchem Umfang weiterverkauft worden sind.
Die von den aktuellen Auseinandersetzungen betroffenen Patente
Der Brief von Lexmark mit dem Vergleichsangebot und dem Hinweis auf drohende Schadensersatzforderungen betrifft insgesamt 21 verschiedene Patente, die in den Vereinigten Staaten unter folgenden Registriernummern von Lexmark angemeldet worden sind:
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5.337.032
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5.634.169
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5.758.231
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5.758.233
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5.768.661
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5.802.432
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5.875.378
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5.995.772
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6.009.291
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6.078.771
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6.397.015
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6.459.876
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6.487.383
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6.496.662
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6.678.489
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6.816.692
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6.871.031
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6.879.792
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7.139.510
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7.233.760
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7.305.204
Die Konsequenzen der Aktionen von Lexmark
Lexmark fordert vom Gericht in Ohio, dass die betroffenen Recycler entweder eine freiwillige Erklärung abgeben oder vom Gericht eine Verfügung bekommen, auf die weitere Verwendung von Leerkartuschen von Sammlern außerhalb der USA zu verzichten. Außerdem sollen die Recycler in Zukunft dazu verpflichtet werden, zu dokumentieren, dass die von ihnen verwendeten Leerkartuschen wirklich aus Verkäufen in den USA stammen.
Die „ertappten“ Wiederaufbereiter sollen an Lexmark eine Lizenzgebühr für die dadurch entgangenen Umsätze auf Seiten des OEM bezahlen. Dabei haben die Anwälte von Lexmark vorgesorgt, dass die Recycler schnell reagieren. Derjenige, der schnell bezahlt, muss zwanzig Prozent bezahlen. Wer sich mit seiner Entscheidung zwei Monate Zeit lässt, wird mit 40 Prozent zur Kasse gebeten, und wenn die Zahlung gar erst nach drei Monaten eingeht, werden 60 Prozent fällig. Zugrunde gelegt werden die Preise, die Lexmark selbst im Durchschnitt für seine Tonerkartuschen verlangt. Außerdem sollen die Wiederaufbereiter dazu verpflichtet werden, die noch in ihren Lagern befindlichen Leerkartuschen zu vernichten, wenn sie nicht aus den USA stammen.
Wie will Lexmark bei Widerstand vorgehen?
Auch dazu machen die Anwälte in dem Brief ganz klare Ansagen. Wer diesen Vergleichsangeboten nicht zustimmt, muss damit rechnen, dass er vor Gericht gezerrt wird. Dann besteht das Risiko, dass einige Betriebe geschlossen werden müssen, weil die von Lexmark für diesen Fall angekündigten Schadens deutlich höher liegen werden. Konkret ist von der dreifachen Summe der Vergleichsangebote die Rede. Hinzu kommen die Kosten, die beim Gericht selbst und für die Einschaltung der Anwälte entstehen.
Die Historie der Auseinandersetzungen
Die Ursprünge liegen im Jahr 2012, als Lexmark gegen Ninestar, Print-Rite und einige Unternehmen der koreanischen Jahwa-Gruppe geklagt hatte. Parallel zur Anrufung der Gerichte waren dazu auch Beschwerden bei der ITC eingereicht worden. Betroffen von den damals beanstandeten Patentrechtsverletzungen waren ebenfalls die Druckerpatronen und Kartuschen von s/w Druckern und Multifunktionsgeräten. Und es ging dabei nicht nur um Recycling-Produkte, sondern auch um Billig-Nachbauten und kompatibles Druckerzubehör. Damals wurde von der ITC die Verletzung von insgesamt 15 verschiedenen Patenten aus dem Hause Lexmark bestätigt.
Im Verlaufe der Auseinandersetzungen lenkten die beklagten Unternehmen sehr schnell ein und unterzeichneten Vergleiche. Andere wurden per Gerichtsbeschluss dazu gezwungen. Die Folge des Prozesses war nicht nur für Lexmark, sondern für alle in den USA beheimateten OEM ein Gewinn, denn die ITC erließ eine Anordnung, nach der den Wiederaufbereitern generell die Verwendung von Leerpatronen und Kartuschen verbot, die nicht aus Einkäufen in den USA stammten. Diese Anordnung wurde im Herbst 2011 erlassen, aber einige der Recycler sind offenbar nicht gewillt, sich dieser zu fügen. Deshalb wird bei Lexmark angenommen, dass sich einige Unternehmen auch den Hinweisen in den jüngst versandten Briefen nicht beugen werden.
Lexmark und die grundsätzliche Meinung zu Patenten
Die Anwälte von Lexmark vertreten die Meinung, dass das Recht an einem Patent auch dann nicht entfällt, wenn ein Produkt einmal verkauft und bezahlt worden ist. Die Rechte an den Patenten bleiben laut Lexmark über die gesamte Lebensdauer der Produkte hinweg erhalten. Laut Stellungnahme der ITC bleiben die Rechte an den Patenten auch dann erhalten, wenn die Tonerkartuschen und Tintenpatronen außerhalb der USA in den Handel gebracht werden.
Lexmark fühlt sich zu Recht in seiner Auffassung durch ein Urteil bestätigt, dass der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in einem Rechtsstreit zwischen LG Electronics und dem Unternehmen Quanta Computers im Zusammenhang mit der Verwendung von Digitalkameras gefällt hat. Dort gab es anfangs die Hoffnung, dass die Patenrechte dann erlöschen, wenn die Produkte im Ausland verkauft werden. Doch die obersten Richter vertraten bei aktuellen Urteilen die Meinung, dass das nicht so ist, sondern die Rechte an den Patenten in vollem Umfang erhalten bleiben.
Doch es gibt auch andere Meinungen. Richter Van der Tatenhove entschied im März 2009 zu Gunsten der Wiederaufbereiter. Auch in diesem Fall war Lexmark der Kläger gewesen und hatte Static Control Components die Verletzung von Patentrechten vorgeworfen. Tatenhove war der Überzeugung gewesen, dass Lexmark seine Rechte an den Patenten mit der ersten Veräußerung der Produkte abgegeben hätte.
Aber es schien sich ein grundsätzlicher Trend abzuzeichnen. Er ging in die Richtung, dass nur die Produkte der Wiederaufbereiter angegriffen worden sind, für die das Leergut außerhalb der USA beschafft wird. Das zeigte sich auch in der Auseinandersetzung zwischen Canon und Ninestar. In ähnlicher Sache hatte Epson auch das Unternehmen Green Project erfolgreich angegriffen.
Nervosität bei den Wiederaufbereitern auf Grund des Vorgehens von Lexmark
Die Recycler schauen jetzt besorgt auf das Vorgehen von Lexmark. Der aktuelle Fall ist nahezu vollständig auf der Frage aufgebaut, woher die Wiederaufbereiter ihr Ausgangsmaterial beziehen. Kann Lexmark seine Forderungen durchsetzen, sind große Auswirkungen auf die gesamte Branche zu befürchten. Es ist durchaus denkbar, dass die OEMs dann alle genau darauf achten, woher das Leergut der Recycler stammt und sich der Strategie von Lexmark anschließen könnten.
Vorsorglich wurden von Lexmark beim Gericht auch schon Klagen eingereicht mit der Bitte, die eigentlichen Prozesse bis Ende August auf Eis zu legen. Kurz zuvor endet die Frist, die in den Briefen für die Annahme oder Verweigerung der Vergleichsangebote gesetzt worden ist. So hofft Lexmark, möglichst viele der angeschriebenen Unternehmen zu einem Einlenken zu bewegen. Das Gericht hat der möglichen Erweiterung des aktuell anhängigen Verfahrens bereits stattgegeben.
Welche Reaktionen sind von den Wiederaufbereitern zu erwarten?
Vor allem die Reaktion von Greentec steht jetzt im Fokus der Aufmerksamkeit. Greentec gilt als einer der größten Händler von Leergut für recyceltes Toner. Weil in den letzten Jahren das verfügbare Leergut immer knapper wurde, haben viele kleine Unternehmen aufgegeben und sind von Greentec übernommen worden. Trotzdem nehmen die Insider an, dass der aktuelle Lexmark-Brief an Hunderte von Wiederaufbereitern verschickt worden sein könnte. Darauf deuten auch die Informationen hin, die auf den Industrie Message Boards veröffentlicht worden sind.
Selbst kleine Unternehmen, die weniger als ein Dutzend Leerkartuschen von Greentec bezogen haben, scheinen betroffen zu sein. Für sie steht jetzt die Frage, ob ein Rechtsstreit angesichts einer im Raum stehenden Forderung von einigen Hundert Dollar überhaupt Sinn machen würde. Der zweite Fakt ist, dass in den Verhandlungen auch Auflagen zu einem detaillierten Nachweis der Herkunft des Leerguts kommen könnten, die bei den Wiederaufbereitern für einen erheblichen zusätzlichen Aufwand sorgen.
Recycelter Lexmark Toner
Warum geht Lexmark jetzt so vor?
Insider vertreten die Meinung, dass das aktuelle Vorpreschen von Lexmark auch dazu dienen könnte, sich der Konkurrenz der Wiederaufbereiter zu entledigen. Andererseits ist es unvorstellbar, dass Lexmark Greentec als Quelle der Informationen angegeben hat.
Auch die Mitglieder der I-ITC sind über den Lexmark-Brief in Kenntnis gesetzt worden. Von dort wurden die Wiederaufbereiter gebeten, sich zu melden, wenn sie einen solchen Brief erhalten haben. Als Kontaktmöglichkeit für diesen Fall wurde die Mailadresse katie@i-itc.org angegeben.
Die aktuelle Vorgehensweise von Lexmark zeigt sehr deutlich, welche Konsequenzen auch einzelne Urteile und Anordnungen der ITC haben können. Vor allem der von der ITC angeordnete generelle Ausschluss von ausländischem Leergut gibt den OEMs ein mächtiges Mittel durch Durchsetzung ihrer patentrechtlichen Ansprüche in die Hand. Die weitere Entwicklung dieser Angelegenheit halten wir für höchst interessant und werden für Sie auch dran bleiben.
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